26. August 2013: Unsere Pflanzen
Große Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus)
Die abgebildeten Pflanzen finden Sie in der Ökologischen und Genetischen Abteilung im Freiland. Dort werden am Beispiel der großen Kapuzinerkresse die Mendelschen Regeln erklärt.
Elterngeneration (P1): Konstitution GG
Die Pflanzen bringen bei Selbstbestäubung stets nur Nachkommen der Konstitution GG
mit ungefleckten grünen Blättern hervor.
Elterngeneration (P2): Konstitution gg
Die Pflanzen bringen bei Selbstbestäubung stets nur Nachkommen der Konstitution gg
mit gelb gefleckten Blättern hervor.
Kreuzungsgeneration (F1): Konstitution Gg
erhalten durch Bestäubung der P1 mit P2.
Jede Pflanze enthält zwar die Erbfaktoren beider Eltern, grünblättrig ist aber
dominant und verhindert die Ausbildung gelb gefleckter Blätter. Alle Pflanzen
sind gleich, entsprechend der 1. Mendelschen Regel von der Uniformität der F1.
Spaltungsgeneration (F2)
erhalten durch Bestäubung der F1 mit F1.
Die Pflanzen haben zur Hälfte die genetische Konstitution der F1 (Gg)
und zu je einem Viertel jene der P1 (GG) und P2 (gg),
entsprechend der 2. Mendelschen Regel von der Aufspaltung in der F2.
Weil GG und Gg in gleicher Weise ungefleckte grüne Blätter bedingen, sind solche bei drei Viertel der
F2-Pflanzen vorhanden, ein Viertel entwickelt gelb gefleckte Blätter.
Mendelsche Regeln
Grundlage der Mendelschen Regeln ist die Weitergabe der Chromosomen* von Generation
zu Generation. Als Genträger enthalten Chromosomen Informationen dafür, dass bestimmte
Eigenschaften und Fähigkeiten entwickelt oder unterdrückt werden. Blütenpflanzen haben
in ihrem Zellkernen mehrere verschiedene Chromosomen, und zwar normalerweise in doppelter
oder mehrfach doppelter, ± abgeänderter Ausführung*. Einander entsprechende (homologe)
Chromosomen tragen an einander entsprechenden Stellen identische oder mutierte (abgewandelte)
Gene.
Bei jedem Elter (P1 oder P2) unserer Beispiele liegen die
maßgeblichen Gene in doppelter, ± identischer Ausführung vor: ein Gen A der P1
mag z.B. rote, die abgewandelte Form A' der P2 weiße Blütenfarben verursachen.
Bei der Meiose werden die homologen Chromosomen und mit ihnen die Genpaare getrennt und auf
verschiedene Tochterzellen verteilt*. Die aus diesen hervorgehenden Gonen (Eizellen, Pollenkörner)
enthalten also entweder Gen A (P1) oder Gen A' (P2).
Genetische Konstitution der Eltern | P1 | P2 |
normale Körperzellen (Chromosomensatz doppelt): | AA | A'A' |
Gonen (Chromosomensatz einfach): | A | A' |
100% | 100% |
Kreuzt man solche Eltern, so werden bei der Verschmelzung von Ei- und Spermakernen Gene A mit Genen A' vereinigt: Alle Tochterpflanzen haben die Konstitution AA' (1. Mendelsche Regel von der Uniformität der F1).
A' | |
A | AA' |
Bei der Meiose der F1 werden die homologen Chromosomen und damit die Gene A und A' dann wieder getrennt. Die einzelnen Gonen jeder F1-Pflanze bekommen also entweder Gen A oder Gen A' mit, und zwar normalerweise jedes gleich häufig.
Genetische Konstitution der F1-Nachkommen | ||
normale Körperzellen (Chromosomensatz doppelt): | AA' | |
Gonen (Chromosomensatz einfach): | A | A' |
50% | 50% |
A | A' | |
A | AA | AA' |
A' | AA' | A'A' |
Bestäubung innerhalb der F1 führt, weil Mutter wie Vater Gen A und Gen A' einzeln weitergeben, zu den genetischen Konstitutionen AA, AA' und A'A' im Verhältnis 1:2:1 (2. Mendelsche Regel von der Aufspaltung in der F2) gemäß nebenstehendem Schema.
Beobachtet man neben einem Genpaar A-A' noch ein zweites, B-B', dann muss man zwei Möglichkeiten unterscheiden. Sind beide Genpaare im selben Chromosomenpaar lokalisiert, dann werden sie meist gemeinsam vererbt, das heißt A und B einerseits sowie A' und B' andererseits bleiben miteinander gekoppelt. Liegt das zweite Genpaar auf einem anderen Chromosomenpaar wie das erste, dann können diese Gene in der Meiose unabhängig voneinander verteilt werden; in den Gonen der F1 kann Gen A mit Gen B oder B' und Gen A' ebenso mit Gen B oder B' kombiniert werden. Es ergeben sich somit folgende Schemata:
Genetische Konstitution der Eltern | P1 | P2 |
normale Körperzellen (Chromosomensatz doppelt): | AA BB | A'A' B'B' |
Gonen (Chromosomensatz einfach): | AB | A'B' |
100% | 100% |
Bildung der F1
A'B' | |
AB | AA' BB' |
Genetische Konstitution der F1-Nachkommen | ||||
normale Körperzellen (Chromosomensatz doppelt): | AA' BB' | |||
Gonen (Chromosomensatz einfach): | AB | AB' | A'B | A'B' |
25% | 25% | 25% | 25% |
Da alle vier Genotypen gleich häufig auftreten, ergeben sich bei Bestäubung innerhalb der F1 die folgenden Konstitutionen (1) bis (9).
AB | AB' | A'B | A'B' | |
AB | AA BB (1) | AA BB' (2) | AA' BB (3) | AA' BB' (5) |
AB' | AA BB' (2) | AA B'B' (4) | AA' BB' (5) | AA' B'B' (6) |
A'B | AA' BB (3) | AA' BB' (5) | A'A' BB (7) | A'A' BB' (8) |
A'B' | AA' BB' (5) | AA' B'B' (6) | A'A' BB' (8) | A'A' B'B' (9) |
Die vier Kombinationen in der Diagonale von links oben nach rechts unten sind reinerbig, weil sie
alle Gene doppelt führen; die beiden eckständigen entsprechen der P1 und der P2,
die beiden mittleren sind neu, worauf die 3. Mendelsche Regel von der freien Kombinierbarkeit der Erbanlagen
Bezug nimmt. Die Konstitutionen der anderen Diagonale ist die der F1 und viermal häufiger
als die Kombination der ersten Diagonale. Die übrigen 4 Konstitutionen sind jeweils hinsichtlich eines
der Merkmale reinerbig und doppelt so häufig wie die ganz reinerbigen Konstitutionen.
Die Zahl der möglichen Kombinationen errechnet sich nach der Formel 3n, wobei die Anzahl
der auf verschiedenen Chromosomenpaaren sitzenden Gengruppen ist. Bei 20 Chromosomen ergeben sich 10 Paare von
Gengruppen sowie 59.049 mögliche Kombinationen.